Das Problem mit dem grausamen Gott

 

Juni 2004

 

 

Haben nun die Kritiker recht die sagen, daß der Gott des Alten Testamentes ein anderer ist als der des Neuen Testamentes?

 

JHWH (bzw. der HERR) ist ein grausamer Gott. Das lässt sich zweifelsfrei anhand zahlreicher Bibelstellen des AT belegen. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache und irgendwie müssen Bibelchristen damit leben. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich ein Weltbild (ein Glaubensgebäude) zurechtlegen, in welches dieser grausame Gott irgendwie hineinpasst.

 

 

Die Grausamkeit ignorieren

Sie müssen also einen Eiertanz vollführen, denn einerseits haben sie einen "Lieben Gott" zu propagieren (für sie ist er einfach ein lieber Gott), denn wer will schon einen grausamen Gottvater haben; andererseits kennen sie sehr wohl die vielen Bibelstellen des AT in dem von einem grausamen, rachsüchtigen, eifersüchtigen und zornigen Gott die Rede ist.

Natürlich kann man solche Grausamkeiten JHWHs verdrängen. Man kann sie im täglichen Leben weitgehend ignorieren, man kann so tun, als ob es sie gar nicht gäbe.

Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass religiöse Publikationen solche Themen einfach nicht aufgreifen. Schließlich ist die Bibel ein so umfangreiches Buch, dass sie genügend anderen (für den Glauben leichter verträglichen) Lesestoff bereithält. Und da es in der Bibel auch Berichte gibt, in denen JHWH in einem positiven Licht geschildert wird, müssen eben jene Passagen dafür herhalten, Gott in einem guten Licht erscheinen zu lassen. – Das ist eine weitverbreitete Praxis. Doch dadurch wird die Wirklichkeit verzerrt. (Übrigens auch eine in der Politik weit verbreitete Praxis.) In Sachen Glauben und Religion sollte man aber ehrlicher sein und nach höheren Werten richten (Auch hier sieht es in der Praxis leider anders aus.)

 

 

Rechtfertigungsversuche

Spricht man dieses Thema gegenüber fundamentalistisch orientierten Christen an, wird meist darauf hingewiesen, dass das schon seine Richtigkeit hatte, dass nämlich …

 

sich die "Rachefeldzüge" Jahwes ja nur gegen gewisse Völker wandte, weil sie so verderbt waren (Sodomie, Opfern von Kindern …), dass deren restlose Ausrottung die einzige richtige Lösung war. Nur so konnte das Volk Gottes vor deren verderblichen Einflüssen bewahrt bleiben. 

Waren die Israeliten wirklich so heilig und unbescholten, dass sie von ihrem Gott vor den umliegenden Nationen beschützt und behütet werden mussten? Nun, das wäre ein Kapitel für sich. Es ließe sich leicht aufzeigen, dass die Israeliten alles andere als unschuldige Lämmer waren.

 

JHWHs Grausamkeit ignorierend wird in der Regel (wenn das Thema behandelt wird) meist auf die abscheulichen Grausamkeiten der Heidengötter Bezug genommen.

 

 

Rechtfertigungsszenarien

Wie kann man dieses Problem nun angehen???

 

Eine Möglichkeit wäre z.B., dass der sogenannte Widersacher seine Hand mit im Spiel hatte; dass er nämlich ganz geschickt die Geschichtsschreibung so beeinflusst hat, dass JHWH möglichst viele Grausamkeiten untergeschoben wurden.

         Vielleicht hat man Jahwe Aussprüche angehängt, die er so niemals machte.

         Vielleicht haben die Propheten auch einmal, ohne dass sie es wussten, die andere Seite an der "Strippe" gehabt.

         Vielleicht ist nicht alles JHWH, was JHWH sein soll.

         Vielleicht mögen die damaligen Aufzeichner, in der Regel wohl die Priester, die Aufzeichnungen in ihrem Sinne (ggf. im Sinne des Widersachers) verändert haben.

         Vielleicht sind aber auch JHWH und der "Liebe Gott" zweierlei?

          

 

Eine Zwickmühle

Jetzt stecken wir richtig in der Zwickmühle, denn einerseits haben wir die Voraussetzung dafür geschaffen, dass JHWH nicht zwangsläufig grausam sein muss (weil die Aussagen in der Bibel über ihn evtl. nicht stimmen), anderseits müssen wir dann aber davon ausgehen, dass die Bibel nicht mehr das authentische Wort Gottes darstellt.

 

         Wir müssen uns also, ob wir wollen oder nicht, für eine Variante entscheiden. Entweder akzeptieren wir, dass JHWH nach menschlichen Maßstäben durchaus als grausam einzustufen ist;

 

         oder aber wir entscheiden uns für die andere Variante, nämlich dass der Gott dieser Welt die Bibel in seinem Sinne hat anfertigen lassen. (Eine Schlussfolgerung, die sich übrigens auch von anderen Umständen herleiten ließe.) - Doch wenn die Bibel vom Satan beeinflusst und verändert wurde, was nützt uns dieses Buch noch? Es ist dann kein heiliges Buch mehr. Es ist kein Buch mehr, das man wortwörtlich nehmen könnte. All den fundamentalistischen Christen wird ihre Glaubensgrundlage entrissen. Sie hätten quasi auf Sand gebaut.

 

         Eine dritte Variante könnte ich noch anbieten; nämlich die, dass alles, was in der Bibel unter Gottesbegriffen wie JHWH, Adonai, Elohim, … aufgeführt wird, sich nicht zwangsläufig auf ein und denselben Gott zu beziehen hat. Anhand des Sintflutberichtes ließe sich z.B. solch eine Recherche leicht im Ansatz demonstrieren. (Siehe: http://www.fallwelt.de/themen/sintflut/bibel.htm)

 

         Es gibt aber noch eine weitere Variante. Auch diese wird in der Tat schon von vielen religiösen Richtungen angewandt; nämlich, dass man klar zwischen AT und NT, dem Gott des AT (JHWH) und dem Gott des NT (Christus), dem Gott des Krieges und vieler Grausamkeiten und dem Gott der Liebe und des Friedens unterscheidet. Viele, die den christlichen Weg gehen wollen, können mit dem Gott des AT (so wie er in der Bibel beschrieben wird) nichts anfangen, und sich schon gar nicht damit identifizieren. Anders ist das mit Christus, ihn können sie sich sehr gut als großes Vorbild und als ihren Gott vorstellen.

 

         Genauso wäre es aber denkbar, dass JHWH in gewisser Hinsicht (vom Menschenstandpunkt aus betrachtet) grausam ist, dass aber sein Gegenspieler deutlicher grausamer ist.

 

 

Wenig Kritik am AT

Natürlich bleiben auch hier noch einige Ungereimtheiten, die einer Klärung bedürfen. Schließlich stützt sich das NT (welches ja auf breite Zustimmung stößt) auf das AT. Es gibt nur wenige Hinweise, dass Schreiber des NT Kritik an den Schriften des AT geübt haben.

Und doch ist die Kritik teilweise indirekt zu erkennen. Sie lässt sich zwar nicht aus der Wortwahl herleiten, aber aus dem Zusammenhang.

z.B.:

Heb 10,5 / Schlachtopfer und Opfergabe hast du nicht gewollt

 

Mk 12,33 / zu lieben wie sich selbst, ist viel mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer.

 

Rö 13,9 / alle anderen Gebote sind in dem einen Satz zusammengefaßt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

 

Joh 8,44 / Ihr habt den Teufel zum Vater, und ihr wollt das tun, wonach es euren Vater verlangt. Er war ein Mörder von Anfang an. Und er steht nicht in der Wahrheit; denn es ist keine Wahrheit in ihm. Wenn er lügt, sagt er das, was aus ihm selbst kommt; denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge.

 

 

Ungeheuerlich, so zu denken

Jene, die in dem Gott des NT einen anderen sehen als den aus dem AT nehmen an Zahl zu.

Haben wir es evtl. tatsächlich mit verschiedenen Göttern zu tun, oder hat Gott seine Taktik (Gesinnung) geändert?

Ich weiß, meine Gedanken und Überlegungen sind ketzerisch. Mir geht es aber um "Wahrheit". Und wenn der "Liebe Gott" eben nicht so lieb ist, dann soll man das auch sagen dürfen. - Ich höre schon im Geiste vorwurfsvolle Worte wie: Gott hinterfragt man nicht, Gott kritisiert man nicht. Gott ist so erhaben, er steht über allen Dingen, wer maßt sich an, als einfacher kleiner Erdling ihn, den Schöpfer* des Weltalls, zu verunglimpfen?

Zum Glück trägt die Kirche jetzt nicht mehr das Schwert, sonst erginge es mir wie einst unzähligen Ketzern, die auch nichts anderes konnten, als das zu sagen, was sie dachten. Und wie sieht es mit dem himmlischen Gericht aus?

Wenn es ein solches gibt, und wenn es nach gerechten Grundsätzen urteilt, habe ich in dieser Hinsicht nichts zu befürchten, denn ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

 

 

·        Von wem und wie das Weltall geschaffen wurde, bedürfte einer eigenen Untersuchung.

 

 

Zitate

Es folgen einige wenige aussagekräftige Zitate (in Sachen grausamer Gott) jeweils der Einheitsübersetzung entnommen.

 

Ex 32,27

Er sagte zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Jeder lege sein Schwert an. Zieht durch das Lager von Tor zu Tor! Jeder erschlage seinen Bruder, seinen Freund, seinen Nächsten.

 

Dtn 20,16

Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der Herr, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen.

 

Dtn 28,63

So wie der Herr seine Freude daran hatte, euch Gutes zu tun und euch zahlreich zu machen, so wird der Herr seine Freude daran haben, euch auszutilgen und euch zu vernichten. Ihr werdet aus dem Land, in das du nun hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen, herausgerissen

 

1.Sam 15,3

Darum zieh jetzt in den Kampf, und schlag Amalek! Weihe alles, was ihm gehört, dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!

 

Jes 63,6

Ich zertrat die Völker in meinem Zorn, ich zerschmetterte sie in meinem Grimm, und ihr Blut ließ ich zur Erde rinnen.

 

Jer 48,10

10 Verflucht, wer den Auftrag des Herrn lässig betreibt, ja, verflucht, wer sein Schwert abhält vom Blutvergießen.

 

Siehe auch den Aufsatz "Engel töten" unter der Rubrik: Verbotenes Wissen.

Oder die Recherche: Der Rachegott

Eine ausführlichere Schriftstellenauswahl siehe z.B. auch unter: www.new-aeon.de

 

 

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Autor: B. Freytag

www.fallwelt.de/bibel/gott/grausam.htm